Die 5 häufigsten Glückssünden

Die 5 häufigsten Glückssünden
Foto: Symbolbild Liebe / pixabay Deflyne

Was macht uns eigentlich unglücklich?

ALLES DREHT SICH STÄNDIG UM DAS GLÜCK ... 

Glückwünsche zum Geburtstag, zur Hochzeit, zur Geburt, für Prüfungen, bei Dates und Meetings, Kleeblätter und Glücksschweinchen auf jeder Postkarte. Beinahe automatisch wünscht man jemandem Glück, und sagt das Wörtchen „Glück“ oft einfach so daher. Dabei hat es doch eine so schwere Bedeutung. Was Glück eigentlich ist, wird immer wieder versucht zu definieren. Ist es ein Gefühl? Ist es eine besondere Form des Schicksals? Sind es Wünsche?

Raghunathan, Professor an der University of Texas, ist einer der zahlreichen Forscher, die sich damit auseinandersetzen. Um herauszufinden, was Glück für die Menschen ist, befragte er zunächst mehr als 1 000 Menschen nach ihren Wünschen. „Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären das?“ Die häufigsten Antworten waren: Erfolg, Ruhm, Macht, Respekt und erfüllende Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden.

Gerade mal sechs Prozent der Befragten wünschten sich Glück. Ein unerwartetes Ergebnis, wo doch Glücklichsein der Anspruch der meisten Menschen ist. Ist es mittlerweile so, dass sich keiner mehr Glück wünscht, weil er es nicht komplett haben kann? Oder waren diese genannten Wünsche der Schlüssel zum Glück? Raghunathan setzte dort an und kam zu dem Entschluss, man müsse einfach mal nach dem Gegenstück fragen:

Was sind Glückssünden? Was macht uns unglücklich? Was stellt sich unserem Glück in den Weg?


1. DIE GERINGSCHÄTZUNG DES GLÜCKS


Es gibt zu viele Vorurteile gegenüber dem Glücklichsein: „Glück macht träge und selbstzufrieden.“ – Unterstützt werden diese Gedanken, indem überall Bilder von gebräunten Menschen am Strand gezeigt werden, die schön aussehen, aber nichts machen. Dabei zeigen Studien, dass die glücklicheren Menschen besonders aktiv sind und etwas in Bewegung setzen und erreichen möchten. „Glück macht gleichgültig und egoistisch.“ – Das Gegenteil ist aber richtig. Laut Studie sind engagierte Menschen glücklicher, als Einzelgänger. Nachhaltiges Glück besteht darin, es mit anderen zu teilen und Dankbarkeit zu empfinden. „Glück ist nie von langer Dauer.“ – Deshalb lohnt es sich nicht, es erst zu suchen? Auch wenn nicht jedes Glücksgefühl permanent zu spüren ist, gibt es eine Menge, die das Leben positiv stimmt.


2. DIE FIXIERUNG AUF DEN GELDWERT


Raghunathan: „Obwohl viele Menschen denken, dass Glück bei ihnen oberste Priorität hat, lassen sie sich auf dem Weg dorthin oft ablenken, zum Beispiel vom Wunsch, Geld zu sparen.“ Eine wichtige Quelle für das eigene Glück oder Unglück ist das Maß an Erfüllung oder Sinnhaftigkeit im Beruf. Außerdem der Wunsch danach, finanziell abgesichert zu sein. Eine Studie zeigte, dass junge Berufseinsteiger lieber einen stressigen Arbeitsalltag mit Überstunden in Kauf nehmen, wenn es mehr Gehalt und bessere Karrierechancen gibt. Glück ist für viele ein abstraktes Ziel, das schwer zu definieren ist. Im Gegensatz zu konkreten „Zielen“, wie Geld oder Status.


3. DER KAMPF UM ÜBERLEGENHEIT


„Das Leben ist wie ein Wettbewerb“, das lernt man schon von Kindheit an. Anstrengen und kämpfen, um etwas zu erreichen, weil einem nichts geschenkt wird. Man muss immer besser sein, als die anderen. Denn nur die Ersten bekommen die Aufmerksamkeit, die Liebe, das Glück. Die positive Seite daran: eigene Fähigkeiten können entfaltet, Talente ausgelebt und gefördert, Kompetenzen entwickelt werden. Wenn das gelingt, erlebt man ein positives Gefühl und stabilisiert das Selbstwertgefühl, erntet Anerkennung und spürt Zufriedenheit.

Das Problem daran: man beschränkt sich nur noch auf die greifbaren Glücksgefühle, die extrinsischen (äußeren) Glücksmaßstäbe, bis sie zum Selbstzweck werden. Das Streben nach Überlegenheit wird zur Anstrengung, verliert jeden Sinn für Freude und entfremdet einen von den anderen und von stressfreien Glücksmöglichkeiten. Extrinsische Ziele sind „die schlimmsten Glückskiller“. Die intrinsische Motivation für eine Tätigkeit geht dadurch verloren: Freude am Tun, Spaß an den nichtmateriellen Aspekten einer Arbeit. Der Psychologe Adam Grant hat nachgewiesen, dass die „Geber“ im Arbeits- und Wirtschaftsleben erfolgreicher sind und das sie einen stressfreieren Arbeitsalltag haben, als die „Nehmer“.


4. ALLES KONTROLLIEREN WOLLEN

Das Leben besteht aus permanenten Versuchen, die Kontrolle über möglichst viele Dinge zu erlangen. Das funktioniert mehr oder weniger, doch am Ende ist das Schicksal stärker. Diese Kontrollmöglichkeiten beeinflussen die Glücksmöglichkeiten: Ein autonomes Leben zu führen, viele und wichtige Dinge selbst zu bestimmen, macht glücklich. Wenn einem die Kontrolle aber entgleitet und andere über einen entscheiden, macht das unglücklich. Zu viel Kontrolle in jedem Schritt des Lebens bedeutet Stress, ist sinnlos und führt zu einem anstrengenden Perfektionismus. „Zwanghafte Kontrolleure“ stehen stärker unter Druck als gelassene Menschen. Die Kontrollsucht ist eine Reaktion auf die Unsicherheit und die Komplexität unseres Lebens. Das richtige Maß an Kontrolle ist wichtig, um glücklich mit Unsicherheiten zu leben.


5. DIE UNFÄHIGKEIT, ANDEREN ZU VERTRAUEN


Glücklichsein und die Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen, hängen eng zusammen. Zu vertrauen bedeutet, entspannter leben können. Denn Vertrauen ist wie eine Investition in die Zukunft – es bildet ein Fundament für das eigene Leben. Raghunathan ist der Meinung, dass das Vertrauen im Alltagsleben die wichtigste und rationalste Option ist, wenn es um die Glücksbilanz geht. „Kluges Vertrauen“ ist seine Empfehlung, d. h. die Enttäuschung über Vertrauensbrüche minimieren und erfolgreiche Erlebnisse mit Vertrauen fokussieren.

Das Fazit von Raj Raghunathan:


„Wer zu viel denkt, macht sich unglücklich.“ Wer zu klug ist und erfolgreicher als alle anderen, ist nicht glücklicher. Das Glücksgefühl nach einem Erfolg ist nur von kurzer Dauer, dann ebbt es ab und verlangt, neu erzeugt zu werden. Dadurch entsteht der Druck, noch mehr zu erreichen. Es wird verglichen und kontrolliert, diszipliniert und zurückgesteckt. Nur um das große Glück zu erhaschen, das es gar nicht gibt. Das funktioniert so aber nicht, sondern eher so: Stärker auf eine Sache konzentrieren, das kleine Glück zulassen, damit belohnen, es mit anderen zu teilen, dankbar sein für einzelne Situationen, lernen zu vertrauen und nicht nach noch mehr Arbeit und Geld eifern, sondern es genießen, aktiv zu sein und trotzdem zur Ruhe zu kommen. All das verhilft dazu, wirklich glücklich zu sein.